Gestern gab es
The Big Four: Anthrax - MegaDeth - Slayer - Metallica live* vom
Sonisphere Festival aus Sofia im Kino.
Bereits im Kinofoyer erblickte man diverse Metalheads, so dass sich meine Befürchtung eines nahezu leeren Saales ob des guten Wetters, Metalkonzert im Kinosessel und des nicht geringen Preises von 19,00€ je Ticket
ein wenig zerstreute. Von ausverkauftem Hause kann aber trotzdem nicht gesprochen werden, von den 180 Plätzen war vielleicht ein drittel belegt. Die Kinoleitung hatte sich auch ein paar Gedanken zum Event gemacht, so gab es einen Bier- & Brezelstand direkt im Saal.
Eröffnet haben den musikalischen Reigen: Anthrax. Für mich eine zwar namentlich bekannte aber musikalisch eher unbekannte Band. Die Trash-Metal-Combo legt ganz gut los und motivierte das bulgarische Publikum vor der Bühne zusehends. Leider war der Sound in unserem gemütlichen Kinosessel eher mau. 10 Minuten später entdeckten die Kinotechniker dann auch endlich den Lautstärke-Regler und wenige Minuten drauf folgte auch noch eine Pegelanhebung der Subs ...ja so wurde das langsam was.
Wer schonmal ein Konzert mit mehreren Bands besucht hat, der kennt das ja, nach dem Auftritt gibts erstmal eine Umbaupause auf der Bühne. Ich war im Vorfeld schon skeptisch, dass alles so richtig
live ist, denn 4 Bands in knapp 4h geht ja gar nicht. Und... richtig Anthrax war nach 30-40 Minuten durch, Zapp, Schnitt, eine Einblendung für ca. 3 sek. und MegaDeth stand auf der Bühne.
Ich weiß nicht, ob die Techniker in Sofia oder unsere Jungs im Kino die 3 Sek. genutzt haben, jetzt wurde es richtig laut. Das lag zum einen an MegaDeth, die sich mächtig in Zeug legten, andererseits war der Pegel ein deutliches Stück nach oben gewandert. Auch MegaDeth war für mich musikalisch ein doch eher unbeschriebenes Blatt und so wunderte ich mich arg schnell über die doch sehr komische Stimmlage von Frontmann Dave Mustaine ... es klang so ein wenig als wenn Kermit auf Suaheli singt.
Das tat der Stimmung im Saal keinen Abbruch: Meine Begleiter und ich fanden es unfreiwillig komisch, fünf Plätze links von mir wurde beim Sitz-Moschen beinahe die halbe Stuhlreihe zerlegt während mein direkter Sitznachbar seelig schlummerte.
...bei dem Lärm eine respektable Leistung. Ich hatte natürlich meine Earplugs vergessen...
Hatte ich schon erwähnt, dass es wirklich laut war? Die Pinkelpause zum Ende hin von MegaDeth nutzte ich dann auch sogleich mir noch ein wenig Ohrenstopfmaterial einzustecken, denn es sollte ja mit Slayer weitergehen, der erste Höhepunkt des Abends.
Mein Sitznachbar hat sich auch wieder dazu entschlossen dem Geschehen mit offenen Augen beizuwohnen. Ich schaffte es gerade noch meine Selfmade-Plugs in die Gehörkanäle zu bugsieren und dann ging schon los zur dritten Runde des Abends.
Zwei Reihen vor uns outete sich ein putziges kleines Kerlchen als Slayer-Fan indem er alle 2 Minuten aufstand, sich zum Rest des Publikums rumdrehte und alle aufforderte aufzustehen. Sein Rufen wurde eher mäßig befolgt... aber er blieb hartnäckig.
Meine angesabberten Toilettenpapier-Behelfsohrstöpsel brachten gewünschten Erfolg, der Auftritt konnte in vollen Zügen genossen werden. Die Jungs von Slayer gaben sich auch keine Blöße und knüppelten drauf los als gäbs kein Morgen mehr. Routiniert und leider auch ein wenig emotionslos spulten die ihr Programm runter ...fertig aus, weiter gehts mit Metallica.
Als erstes fällt auf: Lars ist irgendwie mopsig geworden. Dämliche Grimassen hat er beim Trommeln ja schon immer geschnitten aber gestern sah er nach den ersten zwei Tracks schon derart fertig aus, dass ich echte Bedenken hatte, dass er bis zum Schluß durchhält. James hingegen hat über die Jahre eine gewisse Coolness entwickelt dagegen wirkt Ulle einfach nur albern und kindisch. Kirk trägt die gleiche Röhrenjeans wie vor 25 Jahren und Robert Trujillo passt irgendwie nicht zur Band. Er mag ein guter Basser sein aber dieses Skater/Basketballeroutfit passt einfach nicht zu Metallica
PUNKT
Die ersten Tracks vom Auftritt müssten vom aktuellen Album gewesen sein, sie waren mir schlicht unbekannt. Die Death Magnetic Scheibe hab ich nämlich nach einem kurzen Anspielen direkt wieder weggelegt. So auch gestern, der Funke wollte einfach nicht überspringen. Nach dem ersten Drittel haben sie aber die ganzen Klassiker, u.a. Enter Sandman, Master of Puppets, Nothing Else Matters... im Grunde alles was der Fan hören will, rausgekramt.
Zwischendurch gabs dann noch das zu erwartende Joint-Venture mit den Protagonisten der Vorgängerbands des Abends mit reichlich Umarmungen und Shake-Hands, es fehlte eigentlich nur noch ein in bester Michael-Jackson-Manier hingequitschtes: "I love you all" zur kollektiven Glückseligkeit. Selbst Ulle wirkte zum Schluß hin noch einigermaßen fit.
Für all jene, die bis hierhin mitgelesen haben, kommt jetzt das Fazit ...bei den Nichtlesern entschuldige ich mich für die Zumutung, die meine Vielen Worte bedeuten.
Fazit:
Ich drück es mal mit den Worten auf, die ich in der Pinkelpause aufgeschnappt habe: "Der Sound ist cool aber scheiße ist's doch irgendwie" ...ein bzw. vier Metalkonzert(e) im Kinosessel funktioniert das wirklich? Von der technischen Umsetzung eher kein Problem. Das Bild (ich vermute mal Full-HD), welches vom digitalen Projektor auf die Leinwand geworfen wurde bis hin zum Sound (Der war wirklich brutal laut!) waren erstklassig. Leider fehlte die festivaltypische Atmosphäre. Die 50-60 Anwesenden haben sich zwar Mühe gegeben aber es ist schon was anderes wenn ein paar tausend Leute im Publikum mitgröhlen.
Daher vergebe ich:
Bild 10/10 Regentropfen auf der Linse
Sound 9/10 Rückkopplungen
Insgesamt 7/10 ein
echtes Konzert ist halt doch was anderes
* so richtig live war übrigens keins der Konzerte, selbst die zuletzt spielenden Metallica waren geschnitten. Immerhin wurden sie aber am selben Tag übertragen.
Insgesamt wurde wohl in 750 Kinosäle weltweit übertragen, davon alleine 350 in den USA ...wie unser eher kleines Kino in die Riege der übrigen 400 Säle weltweit eingestiegen ist? Who cares...
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