Zur Produktion: Der neue Terry Gilliam-Film, der nach ca. 25 Jahren Development Hell endlich realisiert wurde. Beim ersten Versuch (ca. 2000) wurde der Hauptdarsteller schwer krank, die Außensets wurden durch Überschwemmungen zerstört, es gab Stress mit der Versicherungsgesellschaft, etc. Der zweite Versuch (ab 2006) scheiterte an der Finanzierung und Rechteproblemen. Dies ist also der dritte Anlauf, bei dem Gilliams alter Weggefährte seit Brazil Jonathan Pryce die Rolle des spanischen Schuhmachers Javier, der sich für Don Quixote hält, übernimmt. Dabei kam es wieder zu Streitigkeiten mit dem Produzenten Paul Branco, der dazu führte, dass dieser gerichtlich versuchte, dass der Film unter Verschluss gehalten bliebe. Irgendwie scheint Terry Gilliam die Probleme anzuziehen, was dem Gerücht, dass dieser Film verflucht sei, Nahrung gibt. Wie dem auch sei: der Film lief in den Kinos an, ist nach einer Woche Cineplex in ein Münsteraner Programmkino abgeschoben worden, wo es seit zwei Wochen noch jeweils zwei Spätvorstellungen pro Woche gab. Eine davon war gestern - wir waren zu viert im Saal.

Zur Story: Adam Driver (Star Wars 7-??) spielt den schmierigen Werbefilmer Toby (statt Johnny Depp in der Ursprungsfassung), der für diesen Umstand verantwortlich ist, weil er ihn 10 Jahre zuvor als Don Quixote für seinen Hochschulabschlussfilm gecastet hat. Aus dem hoffnungsvollen Regietalent ist dann aber eben nur ein Werbefilmregisseur geworden, den der Zufall während einer neuen Spotproduktion in die Nähe des alten Dorfs zurück verschlägt. Dort angekommen trifft er auf den realitätsfernen Javier, der in seiner Fantasiewelt gefangen ist und Toby für Sancho Panza hält. Ein bisschen unfreiwillig spielt Toby dann den Sancho Panza, zieht mit dem alten Ritter los, erlebt die nötigen Abenteuer und kann nach und nach selbst nicht mehr zwischen Wahnsinn und Realität unterscheiden.

Meinung: Schöner Film, zwar mit ein paar Längen, aber auch mit ein paar witzigen Einfällen. Visuell nicht so überbordend wie andere Gilliam-Filme, dafür manchmal (beabsichtigt) verwirrend in Bezug auf die Realitätsebenen: Flashbacks, Realität und Fantasiewelt werden geschickt miteinander verwoben. Stellan Skarsgard und Olga Kurylenko überzeugen in ihren Nebenrollen als schmieriger Boss und untreue Gattin.

Ich hatte das Glück, dass der Film hier noch OmU lief, in der Adam Driver seine Hysterieanfälle wahrscheinlich noch besser zum Ausdruck bringen kann (zahlreiche F- und andere Wörter), als in der Synchro. Es wurde sie mehr oder weniger versucht, die Wortwitze anzupassen. Der des englischen nicht vollständig mächtige Don Quixote spricht oft von seinem Squirrel statt Squire, was in den Untertiteln durch Klappe statt Knappe übersetzt wurde... Na ja...

Fazit: Ich fand ihn unterhaltsamer als so manchen CGI-Schlachtfilm von heute. Man braucht auch kein Professor oder Kunstfilmfetischist zu sein, um dem Film folgen zu können. Vielleicht sind die 133 Minuten Laufzeit etwas viel, denn am Anfang wirkt der Streifen etwas behäbig. Aber auch das legt sich, wenn man in die Geschichte und Handlungsebenen hineingefunden hat. Ist kein zweiter "12 Monkeys", aber auch nicht so schlecht, dass er so wenig Publikum verdient hat.

Bewertung:
8/10 zum Morgengebet rufende Schafherden